Biografiearbeit ist ein wichtiger Baustein in der Arbeit mit demenziell erkrankten und alten Menschen. Um Gespräche anzuregen, haben sich zwei Autoren etwas einfallen lassen: Sie möchten durch Bilder den Einstieg in die Erinnerungsarbeit erleichtern und Impulse geben. Während "Daran erinnere ich mich gern" bunt illustriert daherkommt, warten die zwei Buchbände "Bilder erzählen" mit alten Schwarz-Weiß- und Farbfotografien auf. In der Praxis lösen beide Bücher sowohl bei fitten als auch bei demenzkranken Menschen sehr unterschiedliche Reaktionen aus.
Daran erinnere ich mich gern
Das Bilderbuch von Autorin Beate Wolf und Illustrator Thomas Haubold ist das einzige illustrierte Biografiebuch auf dem Markt. Zu Beginn findet der Leser eine verständliche Einführung in die Biografiearbeit. Die Themen sind chronologisch geordnet: von Szenen aus der Kinderzeit bis zum Leben eines erwachsenen Menschen. Die Illustrationen stellen jeweils die deutsche Lebenswelt der Geburtsjahrgänge zwischen 1920 und 1930 dar. Auf je einer Doppelseite wird mit farbenfrohen, liebevoll gestalteten Bildern aus den 30er-, 40er-und 50er-Jahren ein Thema behandelt. Zum Thema Schule etwa zeigt die Illustration auf der linken Seite ein altes Klassenzimmers, in dem gerade der Unterricht läuft. Im Bild steht die Frage: "Sind sie gerne zur Schule gegangen?" Auf der rechten Seite sind verschiedene, am Thema Schule orientierte Gegenstände zu sehen wie zum Beispiel ein alter Lederranzen, eine Schultafel und Sportutensilien. Unter jedem Gegenstand steht eine Frage, die dem Anwender den Einstieg in ein Gespräch erleichtern soll, wie: "Hatten Sie einen weiten Schulweg?"
Bilder erzählen
Die zwei Buchbände sind spiralgebunden und zählen jeweils 74 Seiten. Dem Buch beigelegt findet der Leser eine detaillierte Einführung in die Biografiearbeit. Dem Band 1 sind auf zwei DIN-A4-Seiten Arbeitshinweise beigelegt, die auf Rückmeldungen von Pflegekräften basieren. Auch in diesen Büchern wird doppelseitig gearbeitet. Der erste Band zeigt das Leben "Damals auf dem Land" mit Fotos der Jahre 1925 bis 1955. Der zweite Band behandelt den Lebenslauf eines Menschen von der Taufe über die Kriegszeit bis zum Tod. Auf der linken Seite ist jeweils ein Foto abgebildet. Auf der rechten Seite findet der Leser einen Textteil, der Hintergrundinformationen, Reime oder Rezepte bietet, die zum Bildmotiv passen. Der Anwender kann zum Beispiel mit dem Demenzkranken eine alte Mühle betrachten, dazu Informationen über Mühlen und ihre Arbeitsweisen vorlesen und dem Buch Rezepte zum Brotbacken entnehmen. Auf den letzten Seiten beider Bildbände findet der Leser ein paar Rezepte aus vergangenen Zeiten zum Nachkochen.
Vergleich in der Praxis
Schöner, da bunter, fanden die Bewohner die farbigen Illustrationen aus dem Buch "Daran erinnere ich mich gern". Jedoch bemerkten mehrere Senioren, dass die Bilder zwar künstlerisch aussehen, aber unnatürlich wirken, da die Personen sehr kantig gemalt sind. Zudem erinnerte das Buch manche zu sehr an ein Bilderbuch für Kinder. Dem Anwender fiel auf, dass die vielen genau formulierten Fragen unter den einzelnen Bilder besonders die Demenzkranken ablenken. Erkrankte Senioren, die noch in der Lage sind zu lesen, blieben an den Fragen hängen, lasen sie immer wieder vor und konnten sich nicht auf die Bilder oder Biografiegespräche einlassen.
Bei den Fotografien der Bücher "Bilder erzählen" wirkten die Farbfotos nicht nur anregender auf die Bewohner als die Schwarz-Weiß-Bilder. Einige sehbehinderte Bewohner erkennen Farbfotos auch leichter. Dem Anwender boten die Bände "Bilder erzählen" aufgrund der vielen verschiedenen Themen mehr Ansatz- und freiere Gestaltungsmöglichkeiten für Gespräche. Da die Fotobände aus einem norddeutschen Verlag kommen, bezieht sich Band 1 teilweise auf norddeutsche Traditionen und plattdeutsche Reime. Deswegen sollten sich Anwender aus anderen Gegenden Deutschlands vorher nach regionalen Reimen und Rezepten erkundigen.
Fazit
Im Alltagstest haben die "Bilder erzählen"-Bände größeren Zuspruch gefunden und überzeugen mit ihrem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. "Daran erinnere ich mich gern" ist mit zwölf Themen auf 32 Seiten für 32 Euro ein teures Vergnügen. Dagegen bekommt der Leser bei "Bilder erzählen" für 19,90 Euro pro Band jeweils 31 Biografiethemen sowie alte Rezepte zum Nachkochen. Angesichts der Vor- und Nachteile beider Veröffentlichungen darf der persönliche Geschmack entscheiden, ob Fotos oder lieber Zeichnungen die Vergangenheit aufleben lassen.
Wolf, Beate; Haubold, Thomas (2009): Daran erinnere ich mich gern! Ein Bilder-Buch für die Biografiearbeit. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft. 32 Seiten, gebunden. ISBN: 978-3-89993-202-7. 32,00 Euro.
Storm, Hans Hermann (2006): Bilder erzählen. Band 1. Rendsburg: Verlag Hans Hermann Storm. 74 Seiten, spiralgebunden. ISBN: 3-00-017169-X. 19,90 Euro.
Storm, Hans Hermann (2009): Bilder erzählen. Band 2. Rendsburg: Verlag Hans Hermann Storm. 74 Seiten, spiralgebunden. ISBN: 978-3-00-025916-6. 19,90 Euro.