Logo IKG BlenderAb Oktober 2013 bildet das Institut für Gesundheitskompetenz in Blender zum ersten mal Mitarbeiter zur Leitung der sozialen Betreuung in der Altenhilfe aus. Anmeldungen sind ab sofort möglich. Wir haben nachgefragt, für wen und ob sich das Angebot lohnt.

 Aufstieg zur Führungskraft?

Die 11 monatige Weiterbildung mit 200 Unterrichtsstunden richtet sich an alle Mitarbeiter in der sozialen Betreuung, wie etwa Ergotherapeuten, Alltagsbegleiter, Sozialpädagogen oder Heilerzieher. Nach bestandener Abschlussprüfung schließen die Teilnehmer die Weiterbildung mit einem Zertifikat ab. Investition: 2180 Euro. Das Angebot soll die Teilnehmer für Leitungsaufgabenbereiche wie z. B. Personalführung, Arbeitsorganisation oder Öffentlichkeitsarbeit qualifizieren. Weitere Lehrinhalte gehen aus der Website des IGK Blender hervor.

Nachgefragt

Damit sich Interessierte ein genaues Bild vom Angebot machen können, haben wir den Organisatoren ein paar Fragen gestellt.

Kann wirklich jeder nach der Weiterbildung Führungsaufgaben übernehmen, vom Alltagsbegleiter bis zur diplomierten Ergotherapeutin? Oder anders gefragt:  Was muss man an Qualifikation mitbringen, an Erfahrung und Persönlichkeitsmerkmalen?

Bis heute gibt es keinen empirischen Beleg dafür, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale und Führungserfolg zusammenhängen. Führungskompetenz bezeichnet die Fähigkeit von Personen in einer Organisation, Führungsaufgaben erfolgreich zu bewältigen. Die teilweise heute noch übliche Praxis, Führungskräfte in erster Linie nach ihrem Fachwissen zu rekrutieren, lässt häufig die Fähigkeit,  mit Menschen umzugehen, völlig unter den Tisch fallen. Wesentlich wichtiger ist das situative und damit für das Team beobachtbare Verhalten der Führungskraft, zum Beispiel Vorbild sein, durch sinnvolle Zielformulierungen das Team motivieren und dadurch die Leistungsbereitschaft steigern oder die Fähigkeit, Mitarbeiter individuell zu fördern. In der  Führungskräfteentwicklung für die soziale Betreuung  kommt es derzeit nicht auf allgemeine  Führungskompetenzen an, sondern vielmehr auf die Erfüllung von Verhaltenserwartungen an die Führungskraft im spezifischen Pflegeunternehmen. Diese Erwartungen werden in der Regel von den Einrichtungen klar definiert. Die Fachkompetenz spielt in diesem Zusammenhang eher eine untergeordnete Rolle. An dieser Weiterbildung Interessierte sollten sich also, zum Beispiel durch praktische Erfahrungen, der Erwartungen an sie bewusst sein. Diese Weiterbildung soll nicht einen abstrakten Führungsstil trainieren sondern die Teilnehmerinnen und Teilnehmer befähigen, ihre derzeitigen und künftigen Aufgaben in der sozialen Betreuung erfolgreich zu bewältigen. Führung in der sozialen Betreuung bedeutet kreativ, leidenschaftlich und fantasievoll sein.

Die Zielgruppe ist breit gefächert: von der Assistentin bis zur studierten Fachkraft.  Außerdem bieten Sie unter anderem als Lehrinhalte "Beratung" und "Arbeitsorganisation" an. Während bei studierten Ergotherapeuten, Sozialpädagogen und Sozialarbeitern diese Inhalte fester Bestandteil des Studiums sind, betreten zum Beispiel Alltagsbegleiter  bei diesen Themen Neuland. Wie wollen Sie dieser Spannweite an unterschiedlicher Vorbildung in der Gruppe gerecht werden?

Sicherlich kommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit unterschiedlichen Fachkenntnissen, beruflichen und anderen Erfahrungen zu uns. Die allgemein benannten Themenschwerpunkte "Beratung" und "Arbeitsorganisation" werden in dieser Weiterbildung jedoch immer im Kontext des Bereichs "Soziale Betreuung" behandelt. Entsprechende Vorkenntnisse können so eingebracht und erweitert werden. Alltagsbegleiter haben überwiegend in anderen beruflichen Zusammenhängen, oft jahrelange, praktische Erfahrungen gesammelt, Institutionsorganisation am eigenen Leib erlebt oder gar selbstständig eine kleine Firma geleitet. Letztendlich betreten diese dann weniger berufliches Neuland als "frische" Uniabsolventen. Beide befruchten jedoch gemeinsam mit ihren Kenntnissen und Erfahrungen diesen Kurs. Die derzeitige Praxis zeigt, dass qualifizierte zusätzliche Betreuungskräfte Leitungsaufgaben im Team übernehmen sollen, woran sie zum Teil scheitern, scheitern müssen, da sie durch die Qualifizierung nicht auf entsprechende Erwartungen vorbereitet werden. Die Weiterbildung möchte nicht eine verbreitete Praxis ignorieren oder gar negieren sondern orientiert sich an dieser. Hinzu kommt, dass diese Weiterbildung die Erweiterung der Personalkompetenz anstrebt. So soll zum Beispiel auch die  Kompetenz "persönliche Arbeitsorganisation" erweitert werden. Schwerpunkt der Weiterbildung ist deshalb ebenso, Methoden für die persönliche Arbeitseinteilung und das eigene Zeit- und Terminmanagement kennenzulernen, um erfolgreich und gesund in diesem Bereich tätig sein zu können.

Ergotherapeuten schränken ihr Handlungsfeld ein, wenn sie eine Weiterbildung belegen, die nur speziell auf Leitungsaufgaben in der sozialen Betreuung ausgerichtet ist. Es gibt Leitungs-Weiterbildungen, die sich nicht auf einen speziellen Fachbereich beschränken und auch kostengünstiger sind. Ist da nicht eine Weiterbildung über allgemeine Leitungsaufgaben in der Ergotherapie sinnvoller, wie dies zum Beispiel der Deutsche Verband der Ergotherapeuten anbietet?

Der Bereich Soziale Betreuung in Altenhilfeeinrichtungen hat sich vor dem Hintergrund veränderter Bewohnerstrukturen und  neuer gesetzlicher Vorgaben stark gewandelt. Die Kostenträger sind verpflichtet, im Rahmen der Leistungsentgelte neben der Pflege auch Aufwendungen der sozialen Betreuung zu finanzieren. Mit dieser Weiterbildung beabsichtigen wir, entsprechend der gesetzlichen Vorgaben, eine klare Profilierung der sozialen Betreuung als eigenes Aufgabenfeld im interdisziplinären Arbeitsprozess stationärer und teilstationärer Altenpflege zu unterstützen. Eine spezifische Leitungsweiterbildung für dieses sich entwickelnde Aufgabenfeld halten wir für unabdingbar. Ergotherapeuten, die sich für Aufstiegsmöglichkeiten interessieren, werden in diesem neuen Aufgabenfeld fündig. Hinzu kommt, dass  Pflegeeinrichtungen selbst zunehmend die Ergotherapeuten als Zielgruppe für Leitungsaufgaben in diesem Bereich entdeckt haben. Diese Weiterbildung ist in diesem Sinne keine Fachweiterbildung sondern eine Aufstiegsweiterbildung. Wir können nur sagen: Auf Ergos, erobert dieses Aufgabenfeld, bevor es andere tun!

Die Prozesse in Einrichtungen sind weitgehend standardisiert, die Pflegedienstleitung übernimmt meistens die Führung der sozialen Betreuung, zu der auch Qualitätssicherung etc. gehören. Wo sehen Sie dort noch Bedarf?

Derzeit ist zu beobachten, dass der "Soziale Dienst" und Pflegebereich häufig als "Funktionsdienste" nebeneinander existieren, wobei sich durch die veränderte Bewohnerklientel der Schwerpunkt mehr und mehr in Richtung sozialer Dienst bzw. zusätzliche Betreuung verschiebt. Die Anforderung an die Pflegedienstleitung, neben dem Grundsatz der Bewohnerorientierung, die Balance zur notwendigen Mitarbeiterorientierung der in beiden Bereichen unterschiedlichen Professionen kann durch eine Bereichsleitung soziale Betreuung unterstützt werden. Die Vernetzung beider Bereiche ist ein zentraler Bestandteil der Arbeit beider Leitungen. Der vom Gesetzgeber geforderte Gesamtversorgungsprozess ist nur erfolgreich, wenn alle Professionen planvoll zusammenarbeiten. Der Pflegedienstleitung obliegt die Aufgabe, diesen Prozess zu steuern. Die soziale Betreuung benötigt eine klare beziehungsweise geklärte Stellung im Unternehmen Pflegeheim. Die Schaffung einer Leitungsstelle für diesen Bereich unterstützt diese Klärung im Rahmen eines strukturierten Qualitätsentwicklungsprozesses. Dieser Prozess umfasst auch die Neuordnung der Aufgaben der Fach- und Dienstaufsicht im Sinne einer Gleichstellung der Leitung soziale Betreuung mit den Pflegedienstleitungen in den Pflegeunternehmen.

Wir haben noch nie eine Stellenausschreibung gesehen, in der eine Fachkraft für Leitungsaufgaben in der sozialen Betreuung gesucht wurde. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, dafür eine Weiterbildung anzubieten?

In vielen Einrichtungen der stationären Altenhilfe wird derzeit fieberhaft an Stellenbeschreibungen "gebastelt". Auch für Leitungen in diesem Bereich existieren zunehmend entsprechende Ansätze. Das Problem ist, dass es keine einheitliche Begrifflichkeit für die Stellen im Bereich soziale Betreuung gibt. So spricht der Gesetzgeber von "Sozialer Betreuung" (§ 28 SGB XI), in der Praxis ist die Rede von "Sozialer Dienst", "Alltagsbegleitung", "Betreuungsassistenz" usw.. Entsprechend der Verwendung eines hausinternen Begriffes fallen auch die Formulierungen in den Stellenanzeigen aus. So gibt es sehr wohl zunehmend Einrichtungen, die die Stelle "Leitung sozialer Dienst" oder "Leitung soziale Betreuung" oder "Teamleitung für die soziale Betreuung" mit entsprechenden Fachkräften besetzen möchten. Die Idee für diese Weiterbildung kommt aus der Praxis selbst. Wir haben als Weiterbildnerinnen diesen Bedarf  in unserem Weiterbildungskonzept umgesetzt.

Kommentare erbeten

Wer hat Interesse an der Weiterbildung oder hat sogar schon gebucht? Wie findet ihr das Programm? Wir würden uns über eure Meinungen freuen!